Akrobatik, Artistik und Ästhetik auf allerhöchstem Niveau

    Seit dem 22. September, und noch bis zum 10. Oktober, gastiert der Circus Nock in Basel und vom 12. bis 14. Oktober in Liestal

    Der Circus Nock startete seine 158. Tournée am 17. März und wird bis zum 11. November insgesamt 46 Gastspielorte in der ganzen Schweiz besuchen. Das diesjährige Programm steht unter dem Motto «Bravo bravissimo».

    (Bild: zVg) Der Circus Nock, der älteste Schweizer Zirkus, gastiert noch bis zum 10. Oktober in Basel und vom 12. bis 14 Oktober in Liestal

    Wir leben in einer computerisierten und digitalisierten Welt. Ist da ein Zirkus überhaupt noch zeitgemäss? JA! Mehr denn je sogar. Wer dies nicht glaubt, hat bis zum 10. Oktober die Möglichkeit, sich in der Rosentalanlage davon zu überzeugen. Denn was die Artisten des Circus Nock, des ältesten Schweizer Zirkus überhaupt (gegründet 1860), zeigen, kann mit Worten nur ungenügend wiedergegeben werden. Man muss es erleben, fühlen, sehen – und geniessen.

     

    Wo anfangen? Da ist Melany Lester Dalton. Die Portugiesin verzaubert mit einer einzigartigen Wasserakrobatik-Nummer, die voller Sinnlichkeit und mit einer Prise Erotik gewürzt ist. Melany Lester ist aber, wie die allermeisten Artisten, sehr vielseitig und tritt mit den «Roller Daltons» in einer atemberaubenden Rollschuh-Nummer auf.

    Auch ein Zirkus unterliegt dem Wandel der Zeit (und Gesellschaft). Aber Tiere sind weiterhin ein wichtiger Bestandteil eines Zirkusabendes. Direktorin Franziska Nock präsentiert wiederum eine grandiose Freiheitsdressur. Mit Feingefühl und Grazie führt sie die Ponys und Pferde geschickt zusammen durch die Manege. Noch «artenreicher» wird es, wenn der Schweizer Paolo Fonardi mit zwei Kameldamen, Lamas und Esel das Rund betritt. So unterschiedlich diese Tiere auch sein mögen – unter der Kuppel des Circus Nock bilden sie eine Einheit.

    (Bilder: kü) Sie bilden «The Flying Matos» – und nach dem Salto Mortale verkaufen sie in der Pause Glacé und Popcorn – auch das ist (Circus) Nock

    Zuerst Salto Mortale, dann der Glacéverkauf
    Atemberaubernd auch der Auftritt von «The Flying Matos». Was dieses brasilianische Quartett an Trapezkunst, hoch oben beim Zeltdach, zeigt, ist grandios. Würde es sich um Fussball handeln, spielten die zwei Frauen und Männer in der Champions League. Sie zeigen den dreifachen «Salto mortale». Was den Chronisten aber ebenso beeindruckt hat – keine zehn Minuten später, als Pause war, verkaufte die eine Artistin Glacé und Pop-Corn und zeigte, dass sie trotz fliegerischen Höhenflügen nichts an Bodenständigkeit verloren hat. Man stelle sich vor, dass im Profifussball die (überbezahlten) Akteure in der Pause am Wurststand, an der Friteuse oder am Bierhahnen stünden, um ihr Publikum mit Würsten, Pommes Frites und Gerstensaft zu versorgen. Wir werden ewig darauf warten… Und nach der Vorführung stand die ganze Nock-Familie beim Ausgang Spalier und bedankte sich bei den Besuchern. Und applaudierte. Auch hier ein Kontrapunkt zum (Profi-)Fussball!

    Eine Nummer, die wohl eine Welt-Exklusivität ist, zeigen «The Robles». Was die sechs kolumbianischen Jungs auf ihren «heissen Öfen» (Motorrädern) in der Todeskugel (Globe of Death) aufführen, ist unfassbar. Auf allerengstem Raum düsen die sechs Südamerikaner in einem Tempo, das schon auf einer einsamen Strasse höchste Konzentration erfordern würde. Aber in der Kugel ist es ein Sextett, das mit-, neben- und übereinander fährt – Milimeterarbeit, Präzision und höchste Konzentration sind die Voraussetzungen, dass es zu keinem Crash kommt.

    «The Robles» sind sechs kolumbianische Artisten, die auf ihren Motorrädern in der Todeskugel eine einzigartige Nummer zeigen

    Kurzum: Das gut zweistündige Programm verdient kein «bravo» und kein «bravissimo». Sondern eine Steigerung aller Superlative, die möglich sind. Am besten, man besucht eine Vorstellung und wird schnell merken, dass das wahre Leben nicht die computerisierte und digitalisierte Welt, sondern die Zirkusluft mit ihren Artistinnen und Artisten ist.

    Jordi Küng

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